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Dr. Matteo Beretta, Dr. Dr. Claudio Lanteri, Dr. Valentina Lanteri und Dr. Alessandro Gianolio erläutern, wie durch die im Wechselgebiss eingesetzte Apparatur eine Verbesserung in den dentoalveolären transversalen Durchmessern ohne Notwendigkeit der Patientenmitarbeit erreicht werden kann.
Eine wertvolle Arbeit von J. E. Harrison und Ashby legt dar, dass die frühe Korrektur eines Kreuzbisses den Übergang zum bleibenden Gebiss auszuschließen scheint (2001). Bei einem unilateralen Kreuzbiss muss sich der Unterkiefer nach lateral verlagern, um einen Kontakt der Zähne zu ermöglichen. Diese seitliche Verlagerung kann langfristig zu negativen Folgen für die Entwicklung von Gebiss und Kiefer führen. Um den Kreuzbiss zu korrigieren und die negative Bewegung zu stoppen, kommen daher Mehrfachbehandlungen zur Anwendung (Kecik et al. 2007, Kilic et al. 2008).
Genannte Studie von J. E. Harrison und Ashby zeigt zudem, dass der Vergleich der auf den unterschiedlichen Behandlungen basierenden Untersuchungen keine aussagekräftigen Ergebnisse hervorbrachte, da die Studien nicht umfangreich genug waren. M. O. Lagravère et al. (2005) argumentierten in ihrem Review, dass sie keine bisherigen systematischen Untersuchungen oder Metaanalysen bezüglich der SME (Slow Maxillary Expansion) finden konnten. In ihrer Studie berücksichtigten sie skelettale und dentale Modifikationen nach langsamer Expansion mit festsitzenden Geräten bei Patienten mit maxillärer transversaler Defizienz. Die Autoren konnten lediglich ein niedriges Evidenzniveau feststellen. C. Lippold et al. (2013) nahmen eine randomisierte klinische Studie vor, um den Effekt einer Frühbehandlung in Bezug zum normalen Wachstum bei einem funktionalen posterioren unilateralen Kreuzbiss im frühen und späten Wechselgebiss mittels dreidimensionaler Analyse digitaler Modelle zu bewerten. Die Ergebnisse zeigten signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und der Gruppe nach erfolgter Behandlung bezüglich der anterioren, mittleren und posterioren Dimension der Maxilla, der Gaumentiefe, der Länge der Gaumenbasis, der Länge des Oberkiefers, der Mittellinienabweichung, Overjet und Überbiss. Die Untersuchung schlussfolgerte, dass „die dentale Okklusion signifikant verbessert wurde und sich die Prognose für ein normales kraniofaziales Wachstum erhöht habe.“ Die gleichen Daten lassen sich auch in anderen Studien finden (Petrèn et al., 2011).
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Abb. 1a, b: Der Leaf Expander mit 6 mm-Schrauben auf einem Prototypen-Modell eines Intraoralscans. © Autoren
Abb. 1a, b: Der Leaf Expander mit 6 mm-Schrauben auf einem Prototypen-Modell eines Intraoralscans. © Autoren
Abb. 2: Aktivierung und Reaktivierung der Doppelblattfeder. © Autoren
Abb. 3a–e: Beispiel einer Expansion bei Einsatz des Leaf Expanders (450 g/6 mm) (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 3a–e: Beispiel einer Expansion bei Einsatz des Leaf Expanders (450 g/6 mm) (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 3a–e: Beispiel einer Expansion bei Einsatz des Leaf Expanders (450 g/6 mm) (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 3a–e: Beispiel einer Expansion bei Einsatz des Leaf Expanders (450 g/6 mm) (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 3a–e: Beispiel einer Expansion bei Einsatz des Leaf Expanders (450 g/6 mm) (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 4a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 4a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 4a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 4a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 4a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 5a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 5a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 5a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 5a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Abb. 5a–e: Expansion mit einem Leaf Expander (a–d) sowie Follow-up nach einem Jahr (e). © Autoren
Die Häufigkeit eines Kreuzbisses in der Bevölkerung kann von 3,7 Prozent (Ferro et al. 2016) bis 30 Prozent (andere Studien) variieren. Diese Daten wurden durch eine von E. Bazzini et al. (2016) durchgeführte, aktuelle Auswertung von 38 Artikeln, welche in den letzten zehn Jahren veröffentlicht und aus 650 Arbeiten ausgewählt wurden, bestätigt. Die Chancen für eine spontane Korrektur sind bei Fällen, in denen ätiologische Faktoren wegfielen, ebenso reduziert (0–9 Prozent).
Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit eines späteren Auftretens eines Kreuzbisses gering; laut Kennedy (2005) liegt sie bei 7 Prozent. Stattdessen ist es bekannt, dass die Möglichkeit, die maxilläre Basis zu erweitern, mit dem Alter abnimmt. Daher besteht die Notwendigkeit für eine genaue, frühe Diagnosestellung, um die Patienten entsprechend des Typs ihrer maxillären Defizienz zu klassifizieren und sie dem geeignetsten klinischen Protokoll zuzuweisen.
Der Leaf Expander (Lanteri et al. 2016), welcher Untersuchungsobjekt dieser Studie ist, stellt die jüngste Entwicklung einer Apparatur dar, die anfangs ELA (Espansore Lento Ammortizzato = Slow Palatal Expander) genannt wurde. Sie ist weit verbreitet und wird seit mehr als zehn Jahren eingesetzt (Lerda 2007, Mobrici et al. 2012). Gianolio et al. (2014) verglichen die dentalen und skelettalen Effekte eines Rapid Palatal Expanders (RPE) mit dem Slow Palatal Expander (ELA) bei einer Gruppe junger Patienten mit transversaler maxillärer Defizienz. Die Studie, welche auf einer anteroposterioren cephalometrischen Analyse basierte, führte zu dem Schluss, dass die erzielten Effekte sich klinisch und radiografisch mit jenen Effekten decken, die mithilfe der Rapid Maxillary Expansion erzielt wurden. Der Leaf Expander gewährleistet aufgrund seiner neuartigen Technologie die Realisierung einer Oberkieferexpansion durch dentoalveolären Umbau mittels leichter, kontinuierlicher sowie vorab festgelegter Kräfte.
Diese Apparatur (Lanteri et al. 2016) scheint zwar ähnlich einem Rapid Palatal Expander zu sein, unterscheidet sich jedoch hinsichtlich verschiedener technischer und mechanischer Aspekte. Und zwar werden die aktiven Elemente durch NickelTitan-Federn realisiert, welche wie Blätter geformt sind. Ihre Aktivierung kann entsprechend visuell verfolgt und sogar auf leichte Art und Weise gemessen werden.
Aktuell sind vier Arten des Leaf Expanders am Markt verfügbar (14), die verschiedene Expansionsgrade sowie unterschiedliche Kraftarten generieren:
- 6 mm – 450 g
- 6 mm – 900 g
- 9 mm – 450 g
- 9 mm – 900 g
In dieser Studie wurde der Leaf Expander 6 mm/450 g als adäquat für die festgestellte Diskrepanz erachtet, entsprechend eingesetzt und an Milchzähnen verankert (Mutinelli et al. 2015).
Das Design des Leaf Expanders ist ähnlich dessen eines konventionellen Rapid Palatal Expanders. Anstelle einer Mittellinien-Jack Screw verfügt der Leaf Expander jedoch über eine Doppel-NiTi-Blattfeder, die ihre ursprüngliche Form während der Deaktivierung zurückgewinnt, woraus sich eine kalibrierte Expansion des Oberkiefers ergibt.
Der Leaf Expander wird normalerweise an den Milchzähnen verankert, wobei die oberen ersten bleibenden Molaren belassen werden, damit sie spontan expandieren können (Abb. 1a, b). Die 11 mm x 12 mm x 4 mm große Schraube kann ohne Weiteres angepasst werden, z. B. bei engem Gaumen oder bei einem Kiefer mit transversaler Defizienz. Durch Aktivierung (Komprimierung) der Feder, welche eine leichte (450 g) und konstante Kraft generiert, kann eine maximale Expansion von 6 mm erreicht werden. Um die ersten 3 mm an Expansion realisieren zu können, werden die Federblätter im Labor voraktiviert. Die Schraube wird mittels Metallligaturen oder einem speziellen Clip geblockt, welcher nach der Zementierung wieder entfernt wird. Die Reaktivierung erfolgt durch zehn Vierteldrehungen der Schraube pro Monat, bis die Expansion abgeschlossen ist (Abb. 2). Eine Vierteldrehung entspricht dabei 0,1 mm an Aktivierung. Dementsprechend generieren zehn Aktivierungen der Schraube 1 mm an Aktivierung und folglich 1 mm an Federkompression. Die maximale Anzahl an Aktivierungen beträgt 30 (für eine Expansion von insgesamt 6 mm). Eine aktive Expansion nimmt normalerweise rund fünf bis sechs Monate in Anspruch, danach sollte der Leaf Expander passiv für weitere drei Monate der Retention an Ort und Stelle belassen werden (Abb. 1, 2).
Patienten, die sich in einer Behandlung mit dem Leaf Expander befinden, werden monatlich einbestellt, wobei die Federn entsprechend dem o. g. Protokoll reaktiviert werden, bis die gewünschten transversalen Verhältnisse hergestellt sind (Abb. 3a–d). Eine Überkorrektur muss aufgrund der biologischen Besonderheiten der Expansion sowie der Dauer, in der die Apparatur in situ verbleibt, nicht erfolgen. Am Ende der Retentionsphase (T2), nach ca. neun Monaten, wird der Leaf Expander üblicherweise entfernt (Abb. 3a–e).
Fallbeispiel 1
Bei diesem Patienten, der mit dem Leaf Expander der Ausführung 6 mm/450 g mit Sporen behandelt wurde, erfolgte eine Korrektur des Kreuzbisses sowie der mandibulären Verlagerung. Es konnte eine Verbesserung der Zahnbogenform erzielt werden, die Maxilla wurde genügend für den Durchbruch der oberen lateralen Schneidezähne erweitert, und die ersten bleibenden Molaren expandierten und rotierten spontan. Die Behandlungsdauer (Differenz T1-T2) betrug neun Monate (Abb. 4a–e).
Fallbeispiel 2
Beim zweiten Patienten, welcher mit dem Leaf Expander der Ausführung 6 mm/450 g mit maßgefertigtem Aufbau behandelt wurde, erfolgte eine Expansion des Oberkiefers, um die Raumsituation für den Durchbruch der lateralen Schneidezähne zu verbessern. Die Kieferform wurde verbessert und die ersten bleibenden Molaren expandierten und rotierten spontan. Die Behandlungsdauer (Differenz T1-T2) betrug zehn Monate (Abb. 5a–e).
Zusammenfassung
Die Ergebnisse unserer vorläufigen Studie demonstrieren die Effizienz und den Nutzen des Leaf Expanders, welcher an den Milchzähnen zur Korrektur einer maxillären transversalen Defizienz bei heranwachsenden Patienten verankert wird. Die Hauptvorteile für den Einsatz dieses Geräts sind dessen leichte Aktivierung und die fehlende Notwendigkeit der Kooperation (Non-Compliance-Therapie) im Rahmen der Möglichkeit, eine kontrollierte Bewegung von Zähnen mittels leichter, vorab festgelegter und konstanter Kräfte zu erzielen. Dies berücksichtigend, können wir erwarten, dass sich der Leaf Expander zur ersten therapeutischen Wahl bei der Behandlung einer maxillären transversalen Defizienz beim heranwachsenden Patienten entwickelt, da er positive anatomische und funktionelle Veränderungen bewirkt. Der Leaf Expander könnte bei Einsatz einfacher und fehlergeprüfter, klinischer Verfahren eine effiziente, komfortable und vorhersehbare Alternative für die maxilläre Expansion darstellen.
Weitere Autoren:Dr. Dr. Claudio Lanteri, Dr. Valentina Lanteri, Dr. Alessandro Gianolio
Die vollständige Literaturliste gibt es hier.
Der Beitrag ist in den Kieferorthopädie Nachrichten 4/2018 erschienen.